Einbürgerung & Sprachzertifikat: Warum Behörden nicht pauschal Goethe- oder telc-Zertifikate verlangen dürfen – und welche Möglichkeiten Betroffene haben
- info108553
- 22. Aug.
- 2 Min. Lesezeit

In unserer anwaltlichen Praxis zeigt sich immer häufiger: Einbürgerungsbehörden erkennen bestimmte Sprachzertifikate nicht an – vor allem dann, wenn sie nicht von telc, dem Goethe-Institut oder ÖSD stammen. Betroffenen wird oft nahegelegt oder sogar vorgeschrieben, eine Prüfung bei diesen Anbietern nachzuholen. Doch: Ein solcher pauschaler Ausschluss anderer Zertifikate
ist rechtlich in aller Regel unzulässig.
Was fordert das Gesetz?
Nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 StAG müssen EinbürgerungsbewerberInnen ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen. § 10 Abs. 4 S. 1 StAG bestimmt, dass dies erfüllt ist, wenn Kenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) vorliegen. Es zählt also allein das Sprachniveau – nicht, bei welchem Anbieter die Prüfung abgelegt wurde.
Gesetzesreform: Keine Anbieterbindung mehr
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im August 2021 (BGBl. I S. 3538) wurde bewusst darauf verzichtet, bestimmte Anbieter zu nennen. In der früheren Gesetzesfassung war noch das „Zertifikat Deutsch“ aufgeführt, was Rückschlüsse auf telc oder das Goethe-Institut zuließ. Diese Anknüpfung wurde ausdrücklich gestrichen – wie sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung ergibt (BT-Drs. 249/21, S. 16 f.).Fazit: Kein Anbieter ist gesetzlich vorgeschrieben. § 10 Abs. 4 StAG stellt lediglich auf das nachgewiesene Niveau (mindestens B1) ab.
Was sagt die Rechtsprechung?
Auch die Gerichte bestätigen diese Rechtslage. So hat das OVG Münster (Beschl. v. 30.09.2022 – 19 B 712/22) entschieden: Ein pauschaler Ausschluss von Zertifikaten anderer Anbieter – mit dem Argument, nur telc sei gültig – ist nicht zulässig.
Praxisbeispiel aus unserer Kanzlei
Unsere Mandantin legte ein C1-Zertifikat der „Neuen Schule Berlin“ aus dem Jahr 2012 vor. Die Prüfung orientierte sich am GER, ist TÜV-zertifiziert und deckt alle Sprachbereiche ab (Lesen, Hören, Schreiben, Sprechen). Damit ist sie mindestens gleichwertig zu telc- oder Goethe-Prüfungen. Hinzu kam: Die Mandantin war als Kundenberaterin in einem großen deutschen Unternehmen tätig – ein Beruf, in dem ausgeprägte Sprachfähigkeiten unverzichtbar sind. Umso unverständlicher war es, dass die Behörde das Zertifikat zunächst nicht akzeptieren wollte und auf eine neue Prüfung bei telc oder dem Goethe-Institut verwies. Nach unserer Stellungnahme wurde die Mandantin jedoch eingebürgert – auf Grundlage des bereits 2012 erworbenen Zertifikats.
Was tun bei Ablehnung des Zertifikats?
Wird Ihre Einbürgerung mit der Begründung verweigert, nur bestimmte Zertifikate (z. B. telc) seien gültig, bestehen gute Chancen, erfolgreich dagegen vorzugehen. Die Rechtslage ist eindeutig: Maßgeblich ist das Sprachniveau, nicht der Anbieter.
Unser Tipp: Lassen Sie Ihr Zertifikat anwaltlich prüfen – wir unterstützen Sie gerne bei der Argumentation gegenüber der Behörde.
Telefon: 030 30 8069 33 E-Mail: info@cetin-law.de



